Was haben BDC und BW gemeinsam?
SAP Business Warehouse (SAP BW) war über viele Jahre das „Rundum‑sorglos“-BI‑Paket von SAP und im Einsatz bei zehntausenden Kunden weltweit. Ursprünglich wurde es als modulare Business‑Intelligence‑Lösung zur Ergänzung der SAP‑ERP‑Systeme entwickelt. Die Lösung bot native Konnektoren zu den ERP‑Modulen, vordefinierten Business Content und eine zentrale Data‑Warehouse‑Applikation mit themenorientierten Data Marts. Zudem umfasste sie integriertes Reporting und Analysen über den SAP Business Explorer (BEx) sowie Planungsfunktionen (BW‑IP).
Das Ziel war eindeutig: eine harmonisierte Datenschicht und „Analytics on Top“ zu schaffen. Diese End‑to‑End‑Lösung sollte Datenhaltung, Logik und Reporting nahtlos miteinander verbinden. Genau diesen Grundgedanken verfolgt SAP heute erneut mit der Business Data Cloud (BDC). Allerdings basiert diese auf einer modernisierten, cloud-orientierten Architektur, die stärker modularisiert und servicebasiert ist.
Wartungsende und die Frage: SAP, Non-SAP oder Hybrid?
Die Mainstream Maintenance für SAP BW 7.5 endet im Jahr 2027, die kostenpflichtige Extended Maintenance läuft bis 2030. Unternehmen stehen damit vor einer zentralen Entscheidung wie sie ihren künftigen Modernisierungspfad gestalten. Klassisch bieten sich hierfür eine SAP- und Non-SAP-Variante an (siehe Abbildung 1). Mit der in 2025 veröffentlichten SAP BDC kann eine Kombination aus SAP mit ausgewählten Partnerlösungen wie Databricks, Snowflake, Microsoft Fabric oder Google BigQuery angestrebt werden.

SAP-only
Ein Pfad innerhalb der SAP‑Welt mit Verzahnung zu S/4HANA und weiteren Business Suite Komponenten. Zudem ermöglicht er Zugriff auf standardisierte Data Products in der Business Data Cloud. Hier bestehen zwei Optionen: Die Migration nach SAP BW/4 HANA, dessen Maintance bis 2040 läuft, oder die SAP BDC.
Beide Ansätze ermöglichen die exklusive Nutzung von SAP-Daten, binden Organisationen jedoch stärker an das SAP-Ökosystem und reduzieren architektonische Freiheitsgrade.
Non‑SAP
Dieser Weg bietet mehr Flexibilität und lässt sich je nach Anforderungslage gestalten. Er ermöglicht alle Deployment-Varianten und den Einsatz diverser Werkzeugkomponenten. Eine der größten Herausforderungen ist dabei der Zugriff auf die SAP-Daten. Insbesondere die veränderte Zertifizierungs- und Nutzungssituation rund um ODP schafft neue Hürden, die im Zielbild berücksichtigt werden müssen.
Hybrid
Diese Mischform nutzt SAP BDC zur Abbildung der zentralen Semantik und für den Großteil der BI-, Analytics- und Planungsszenarien. Für ausgewählte Anwendungsfälle wird die Lösung durch Partner-Plattformen ergänzt. Mit diesem Ansatz bauen Unternehmen schrittweise eine semantische Schicht in der BDC auf. Parallel können sie ergänzende Technologien für Data Engineering, Machine Learning oder erweiterte Analytics-Szenarien in Partnerumgebungen nutzen.
Das Konzept ist jung und technisch noch nicht ausgereift. Ein technischer Proof of Concept und ein Pilotprojekt sind daher ratsam. So können Unternehmen die Funktionsreife, die Kostenauswirkungen und die Einhaltung der Governance-Anforderungen frühzeitig prüfen.
Der SAP‑Pfad vom BW in die BDC: Lift – Shift – Innovate
Für Kunden, die sich für die BDC entscheiden, empfiehlt SAP einen dreistufigen Ansatz zur BW‑Modernisierung:
- Lift: Überführung des bestehenden BW in die Cloud (Private Cloud Edition, PCE), um Betriebsstabilität zu sichern, die Infrastruktur zu modernisieren und die Transformationsbasis zu schaffen. Diese Maßnahme verlängert die Wartung bis 2030 und schafft Zeit für die Modernisierung.
- Shift: Schrittweise Migration bestehender BW‑Artefakte in „customer‑managed“ Data Products. SAP plant hierzu ab 2026 die Bereitstellung eines Data Product Generators, der die Überführung erleichtern soll.
- Innovate: Fachlich kritische oder strategisch relevante Beladungsstrecken werden modernisiert und auf SAP‑managed Data Products umgestellt. So können Funktionen wie AI, Planung oder Self Service effizient genutzt werden. Lift und Shift schaffen Zeit, bis die S/4HANA-Migration abgeschlossen und die BDC Data Products ausgereift sind.
Non‑SAP‑Wege: Offene Datenarchitekturen und neue Freiheit
Viele Organisationen entscheiden sich bewusst für offene Architekturen mit Nutzung diverser Tools aus Data & Analytics, wie für Datenintegration, Data Products, Datenspeicherung und -verarbeitung bis hin zur Bereitstellung und Nutzung.
Die größte Hürde bleibt jedoch der Zugriff auf SAP‑Daten: Die bisher weit verbreitete ODP‑Schnittstelle ist nicht mehr zertifiziert und stellt keine empfohlene Zugriffsschnittstelle auf SAP-Daten mehr dar. SAP setzt zunehmend auf zertifizierte Konnektoren, um Kunden in Richtung BDC zu führen.
Drittanbieter entwickeln daher alternative, oft komplexere Extraktionspfade (beispielsweise auf Basis von CDS-Views oder offenen APIs). Unternehmen, die sich für Non-SAP-Analytics entscheiden, müssen bewährte, SAP-erprobte Integrationslösungen einsetzen und frühzeitig technische sowie lizenztechnische Aspekte klären. Sobald die Extraktionspfade geklärt sind, können sie die Landschaft für aktuelle und zukünftige Anwendungsszenarien flexibel aufbauen. Anschließend muss geprüft werden, welche Komponenten die Anforderungen abdecken und miteinander kompatibel sind.
Hybrid‑Ansätze: Realistische Option mit offenen Fragen
Ein Mischszenario ist ebenfalls denkbar: Die SAP BDC bildet dabei die Quelle für SAP‑managed Data Products, die wiederum in Partnersysteme per zero-copy gereicht oder extrahiert werden. Jedoch sind die Partnerverträge unterschiedlich und es fehlen teilweise klare Richtlinien zu technischen und lizenzrechtlichen Rahmenbedingungen. Daher sollten diese Vorhaben sorgsam geplant werden.
Das Wartungsende als Weckruf
Das bevorstehende Ende der Mainstream Maintenance für SAP BW 7.5 ist ein deutliches Signal zum Handeln.
Unternehmen, die jetzt strukturiert modernisieren, können technische Altlasten reduzieren und steigern langfristig den Wert ihrer Daten. So legen sie den Grundstein für Self‑Service Analytics, Künstliche Intelligenz und Echtzeitanalysen.
Die Entscheidung umfasst dabei mehr als nur die technologische Datenmigration. Im Kern müssen Unternehmen entscheiden, wo künftig Semantik, Governance und fachliche Logik in ihrer Datenarchitektur verankert sein sollen.
SAP agiert auf der Datenseite zunehmend offen für Partnertechnologien. Beim semantischen Layer verfolgt das Unternehmen jedoch den Ansatz, diesen innerhalb der SAP‑Welt zu halten. Daher sollten Unternehmen diese strategische Entscheidung bewusst bewerten.
Die Situation wird zusätzlich dadurch erschwert, dass viele BW‑Systeme ihre Daten noch aus der SAP Business Suite beziehen. Diese steht selbst am Ende ihres Wartungszyklus. Parallel dazu laufen in zahlreichen Organisationen bereits Projekte zur Migration auf SAP S/4HANA. Unternehmen benötigen daher eine abgestimmte Roadmap, die Quellmodernisierung (S/4HANA) und Zielarchitektur (Data Products bzw. Data und Analytics Plattform) synchronisiert.
Hinzu kommt, dass SAP nicht für alle Applikationen bereits vollständig vorkonfigurierte Data Products anbietet. Entschieden sich Unternehmen für den SAP-Pfad, müssen sie daher gezielt priorisieren und schrittweise vorgehen.
Die Herausforderung liegt jedoch nicht allein in der Technologie, sondern auch in der organisatorischen Zusammenarbeit. In vielen Unternehmen sind ERP‑Teams und Data‑&‑Analytics‑Teams noch getrennt aufgestellt. Eine zukunftsfähige Daten‑, Analytics‑ und AI‑Strategie verlangt jedoch eine enge Koordination beider Bereiche, um Verantwortlichkeiten, Datenmodelle und Integrationspfade konsistent zu steuern.
Erste Checkliste zur Orientierung
Zielbild und Strategie definieren
- Künftige Analytics-, Planungs- und KI-Szenarien definieren.
- Organisatorische und technische Verortung von Datenbewirtschaftung, Semantik und Reporting festlegen.
- Datenarchitektur unter Berücksichtigung moderner Ansätze wie Data Products entwerfen.
- Strategische Entscheidung über den Modernisierungspfad treffen: SAP, Non-SAP oder Hybrid.
Governance verankern
- Rollen und Verantwortlichkeiten frühzeitig klären (z. B. Data Ownership, Stewardship).
- Ein Gremium aufbauen, das ERP- und Analytics-Teams integriert.
- Prozesse für Data Contracts, Lineage, Security und Monitoring etablieren.
BW-Inventur durchführen
- Aktuell umgesetzte Szenarien und deren Nutzungsintensität analysieren.
- Inhalte identifizieren, die sich in operative Systeme oder spezialisierte Analytics- und CPM-Lösungen überführen lassen.
- Kritische, redundante oder veraltete BW-Objekte, Prozesse und Datenflüsse bewerten.
- Benötigte Data Products als Teil der Modernisierung definieren und fehlende Produkte zur Erreichung der Zielarchitektur identifizieren.
- Bei SAP-Strategie: Verfügbare SAP-managed Data Products prüfen und notwendige Ergänzungen planen.
Iterativ modernisieren
- Quick Wins identifizieren, etwa kritische Reports oder Beladungsstrecken.
- Eine Roadmap für Modernisierung aufsetzen, die alle notwendigen Aspekte berücksichtigt.
- Die Modernisierung schrittweise mit klarer Priorisierung und transparentem Fortschritt umsetzen.
- Pilotprojekte nutzen, bevor die Lösung skaliert wird.