In der heutigen Geschäftswelt stehen Unternehmen vor einer großen Transformation: Weg von einer eingeschränkten und IT-orientierten Datennutzung, hin zu datengetriebenen Geschäftsmodellen, Prozessverbesserung und -automatisierung durch Datennutzung und -analyse und mehr Fakten- oder Evidenz-basierten Entscheidungen.
Auch kulturell müssen Organisationen eine Transformation zu einer datengetriebenen Unternehmenskultur – der Data Culture – durchlaufen, um solchen Ziele von Datenstrategien auch ein Umfeld zu etablieren, in dem sie tatsächlich Realität werden. Doch wie kann ein bisher instinktgesteuertes Unternehmen solch ein daten- und erkenntnisbasiertes Unternehmen (engl. data-driven enterprise) werden?
In diesem Artikel lernen Sie die wichtigsten Punkte dazu kennen. So können auch Sie in Ihrem Unternehmen eine Datenkultur etablieren und zu einem echten datengetriebenen, agilen Unternehmen werden.
- Grundlagen: Was ist eine Datenkultur?
- Ziele und Effekte einer Datenkultur
- Warum eine datengetriebene Kultur wichtig ist – die Vorteile
- Welche Herausforderungen beim Aufbau einer Datenkultur zu bewältigen sind
- Zur erfolgreichen Datenkultur mit dem BARC Data Culture Framework
Jetzt reinhören! Der Data Culture Podcast mit Carsten Bange
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.
Grundlagen: Was ist eine Datenkultur?
Data Culture Definition
Datenkultur (engl. data culture) ist ein Teilbereich bzw. Ausprägung der Unternehmenskultur. Kultur bezeichnet hier alle gemeinsamen Werte, sozialen Normen und Denkweisen, die das Verhalten der Organisationsmitglieder untereinander und in ihrer Wirkung nach außen bestimmen.
Eine datengetriebene Unternehmenskultur behandelt Daten als wichtige Ressource, welche die Handlungen und Entscheidungen auf allen Ebenen der Organisation bis hin zum Geschäftsmodell des Unternehmens wesentlich beeinflussen.
Unternehmen sind zwar schon immer an ihren Kennzahlen und einzelnen Datenpunkten interessiert, mit einer Datenkultur werden Daten auf einer breiteren Ebene genutzt und beeinflussen, wie die Mitglieder der Organisation untereinander kommunizieren und zusammenarbeiten.
Ziele und Effekte einer Datenkultur
Datenkultur kann nicht gekauft oder verordnet werden. Sie entsteht durch verschiedene Einflussfaktoren wie die Organisationsstruktur, belohntes bzw. sanktioniertes Verhalten oder die Kommunikation und Entscheidungsfindung der Führungskräfte. Die Entstehung einer Datenkultur kann aktiv unterstützt werden, insbesondere durch Adressierung der im BARC Data Culture Framework systematisierten Ansätze (s.u.).
Das Hauptziel liegt darin, alle Mitarbeiter:innen dazu zu befähigen, Daten aktiv zu nutzen. Dadurch wird nicht nur deren tägliche Arbeit erleichtert, sondern auch das Potenzial des Unternehmens voll ausgeschöpft. Denn durch die aktive Nutzung der Daten werden Entscheidungen erfolgreicher, Initiativen effektiver und Wettbewerbsvorteile deutlicher.
Neben der strategischen Ebene des Geschäftsmodells und der operativen Ebene der laufenden Prozessausführung und -verbesserung gibt es einen wesentlichen Ansatzpunkt zur Etablierung einer Datenkultur, die auf allen hierarchischen Ebenen einer Organisation wirkt: Die Entscheidungsfindung.
BARC Data Culture Summit | 28. Januar 2025 in Darmstadt
- Best Practices & Lessons Learned
- Erfahrungsaustausch
- Expertenwissen
In Unternehmen mit einer Datenkultur werden Entscheidungen weniger auf der Basis von Erfahrung oder Bauchgefühl getroffen, sondern überwiegend auf datenbasierten Fakten. Seien es einfache Kennzahlen wie Umsatz oder Gewinn, Ergebnisse aus Advanced-Analytics-Modellen oder qualitative Informationen aus dem Unternehmen oder seinem Umfeld.
Dabei ist aus unserer Überzeugung nicht das Ziel 100% aller Entscheidungen ausschließlich datenbasiert zu treffen, aber Daten sollten mehrheitlich in den Mittelpunkt der Entscheidungsfindung gestellt werden.
Unternehmen sind auf dem Weg zu einer datengetriebenen Entscheidungskultur. Von den 400 befragten Unternehmen des BARC Data Culture Survey 22 sagten ein Drittel, dass sie Entscheidungen auf der Basis von Daten treffen. Noch ein Jahr zuvor traf nur jedes vierte Unternehmen vorwiegend datenbasierte Entscheidungen (Abb. 1).
Dabei arbeiten alle zusammen. Es sind nicht nur die typischen datenorientierten Rollen wie Data Owner und Data Steward, Data Engineer und Data Scientist, bis hin zur Business Analystin, sondernalle Mitarbeiter:innen, die Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nutzen.
Hinsichtlich einer Daten-getriebenen Entscheidungsfindung zeigen sich noch große Unterschiede zwischen den Bereichen im Unternehmen mit Raum für Verbesserung gerade für Logistik und Produktion (Abb. 2).
Warum eine datengetriebene Unternehmenskultur wichtig ist
Verbesserte Entscheidungsfindung, Prozessverbesserung und Kostensenkung sind die greifbarsten Vorteile einer Data Culture
Bevor ein sinnvoller Wandel vollzogen werden kann, ist es wichtig, die Vorteile und Ergebnisse zu kennen, die erreicht werden können. Initiativen hin zu einer Data Driven Culture sind da keine Ausnahme.
Die Befragten des BARC Data Culture Survey 22 haben am häufigsten mit Hilfe von Daten die Entscheidungsfindung verbessert, Kosten gesenkt und Prozesse verbessert (Abb. 3). Zu den weiteren erreichten Vorteilen einer Datenkultur gehören Umsatzsteigerung, bessere Akzeptanz von Entscheidungen, ein gemeinsames Verständnis von Daten und auch eine bessere Wettbewerbsfähigkeit.
Weitere Vorteile einer Datenkultur
Eine Datenkultur ist ein wesentlicher Bestandteil der modernen Unternehmenskultur des 21. Jahrhunderts. Unterschätzen Sie nicht den Wert eines innovativen Arbeitsplatzes, der Talente anzieht und im Unternehmen hält. Sie brennen oft darauf, neu erlernte Datenkenntnisse anzuwenden und für Prozessverbesserungen, besser informierte Entscheidungen oder Datenprodukte zu nutzen. Das Motto lautet hier – in einem allzu realen Sinne – „use it or lose it„.
Ein aus Daten gewonnenes Verständnis über Ablauf und Erfolg von Prozessen kann letztlich auch dabei helfen sowohl diese als auch die zugehörige Organisationstruktur agil anzupassen.
Welche Herausforderungen beim Aufbau einer Datenkultur zu bewältigen sind
Die fünf größten Stolpersteine der Data Culture
Trotz der vielen Vorteile einer Datenkultur ist es nicht so einfach, ein datengetriebenes Unternehmen mit einer Datenkultur zu werden.
Viele Unternehmen haben schon viel in ihr Datenmanagement investiert, z.B. in Datenintegrationsplattformen, Data Warehouses, Data Lakes, Data Lakehouses, Data Fabrics oder anderen Systemen und Ansätzen. Dennoch geben 87% der 419 Befragten im BARC Survey „Leverage your Data“ im Jahr 2020 an, dass sich ihre Unternehmensergebnisse deutlich verbessern könnten, wenn sie den Umgang mit Daten optimieren würden.
- Sie erhalten eine Zusammenfassung der Umfrageergebnisse
- Sie stellen sicher, dass Ihre Erfahrungen in die Auswertung einfließen
- Sie nehmen an der Verlosung eines von zehn Amazon-Gutscheinen im Wert von 50 € teil.
Sie sind offensichtlich noch weit davon entfernt, wirklich effektive datengetriebene Unternehmen zu werden. Doch was hindert Unternehmen daran, eine erfolgreiche Datenkultur zu entwickeln? Hier sind fünf Stolpersteine, die Unternehmen daran hindern das volle Potential aus Daten auszuschöpfen:
1. Daten sind Aufgabe der IT-Abteilung
Fachanwender:innen sehen Daten als einen Zuständigkeitsbereich der IT sowie von Data Scientists / Analyst:innen. Und die IT möchte die Kontrolle über die Daten auch nicht so leicht aus der Hand geben. Eine Datenkultur beginnt aber an der Basis eines Unternehmens. Sie bezieht jedes Mitglied der Organisation mit ein.
2. Daten sind ein Nebenprodukt von Geschäftsprozessen
Daten müssen als Vermögenswert angesehen werden (engl. Data Asset) – nicht nur als Nebenprodukt (oder Abfallprodukt) von Geschäftsprozessen. Die systematische Sammlung und Ordnung, unternehmensweite Bereitstellung und großflächige Nutzung durch Darstellung, Verteilung und vor allem Analyse stehen bei Daten im Mittelpunkt.
Unternehmen mit einer Datenkultur bieten technische, fachlich und organisatorisch die Rahmenbedingungen für ihre Mitarbeiter, Erkenntnisse aus Daten durch Business Intelligence oder Analytics zu gewinnen, sie mit bestehenden Problemen der Organisation zu verbinden und in konkrete Handlungen in Prozessen umzusetzen. So wird konkreter Nutzen für das Unternehmen erzeugt und ein Return on Investment in Data & Analytics allgemein oder auch in die Datenkultur generiert.
3. Daten sind in abgeschlossenen Silos gelagert
Ein häufiges auftretendes Problem ist, dass Daten zwar im Unternehmen vorhanden sind, aber für die Mitarbeiter:innen unzugänglich bleiben. Neben technischen Einschränkungen sind es insbesondere organisatorische Zugriffsbeschränkungen und fehlende Verantwortlichkeit oder Motivation für die allgemeine Bereitstellung von Daten und ihrer Metadaten, die sie in Silos verschließen.
Ein data driven business beseitigt Datensilos und demokratisiert den Datenzugriff. Jedes Unternehmensmitglied muss wissen, wo die Daten zu finden sind und kann sie auch nutzen.
4. Daten liegen nicht in geeigneter Qualität vor
Datenqualität (engl. Data Quality) steht nach wie vor ganz oben auf der Problemliste der Datennutzer und bedarf im Rahmen von Data Governance Programmen besonderer Aufmerksamkeit. Auch hier sind die notwendigen Maßnahmen insbesondere organisatorischer Natur, z.B. für die Übernahme von Verantwortlichkeit und der Bereitstellung notwendiger Ressourcen für die kontinuierliche Qualitätskontrolle und -verbesserung.
Der Nutzen aus der Bereitstellung und Analyse von Daten hängt stark von der Qualität dieser Daten ab. Schlechte Datenqualität wirkt sich negativ auf deren Zuverlässigkeit und Nutzbarkeit aus. Dies sorgt nicht nur für Mehraufwand du ineffiziente Prozesse, sondern kann sich sogar negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens auswirken.
Letztlich muss sich jedes Unternehmen die Frage stellen, auf welchem (Daten-)Fundament das datengetriebene Unternehmen errichtet werden soll.
5. Zu viel oder zu wenig Sicherheit und Compliance
Sicherheit von Daten (engl. Data Security) und Datenschutz (engl. Data Privacy) sind oberste Priorität beim Management von Daten. Unternehmen müssen sowohl die aktuellen Datenschutzgesetze (z. B. DSGVO) beachten, um Geldstrafen und Reputationsverluste zu vermeiden, aber auch einen eigenen Handlungsrahmen schaffen, welche Regeln und Einschränkungen in der Datennutzung und -analyse eingehalten werden sollen (Data Ethics).
Dabei gilt es aber eine Balance zu finden aus Einschränkungen und Regelungen einerseits und der Befähigung und Ermutigung von Mitarbeitern Daten so viel und breit wie möglich und erlaubt zu nutzen. Eine übertriebener Datenschutz mit einer Kultur der Angst vor der Datennutzung wirkt kontraproduktiv.
Zur erfolgreichen Datenkultur mit dem BARC Data Culture Framework
Ein Rahmenwerk mit konkreten Ansatzpunkten für Unternehmen
Das BARC Data Culture Framework wurde entwickelt, um Unternehmen dabei zu helfen, die wichtigsten Ansatzpunkte zur Etablierung einer Datenkultur zu verstehen. Das Framework beinhaltet sechs Handlungsfelder, die adressiert werden können.
Es existiert keine inhärente Hierarchie unter den verschiedenen Aspekten, für jedes Unternehmen sind unterschiedliche Ansatzpunkte wichtig. Data Access und Data Governance gehören aber bei den meisten Unternehmen zu den ersten Themen, die sie angehen.
Facilitators: Must-haves für datengetriebene Unternehmen
Die obere Hälfte des Frameworks, die sogenannten “Facilitators”, beschreibt Must-haves für jedes Unternehmen, das datengetrieben sein möchte.
Dazu gehört zum einen Data Leadership. Das Verhalten von Führungskräften, Zielvorgaben, Organisationsaufbau und Prozessgestaltung und das Schaffen von Verantwortlichkeit für Daten sind hier wesentliche Aspekte.
Auch die Formulierung einer Data Strategy ist für die Etablierung einer Datenkultur essenziell. Eine ganzheitliche Datenstrategie berücksichtigt fachliche, organisatorische und technische Aspekte für eine Beschreibung des gewünschten Zielzustandes und des Weges dahin. Ganz wesentlich ist die Verknüpfung der Datenstrategie mit der Unternehmensstrategie, damit allen klar wird, wie die Maßnahmen und Ziele der Datenstrategie auf die Unternehmensstrategie und den Unternehmenserfolg einzahlen.
Bei dem dritten “Facilitator” handelt es sich um die Data Governance im Unternehmen. Die Data-Governance-Definition umfasst sowohl Menschen als auch Prozesse und Technologien, die für die Verwaltung und den Schutz von Datenbeständen im Unternehmen erforderlich sind.
Ziel der Data Governance ist es, allgemein verständliche, genaue, vollständige, vertrauenswürdige, sichere und auffindbare Unternehmensdaten zu gewährleisten. Diese Datenqualität bildet die Grundlage aller weiteren Aktivitäten und sorgen für einen nahtlosen Ablauf der betrieblichen Prozesse und können bestmöglich der Entscheidungsfindung dienen.
Enablers ebnen die Datenkultur bei den Mitarbeiter:innen
Die untere Hälfte des BARC Data Culture Frameworks befasst sich mit den sogenannten “Enablers”. Elemente dieser Kategorie zielen auf die Beteiligung der Mitarbeiter:innen ab, den wesentlichen Trägern einer Unternehmenskultur. Erst durch sie wird die Datenkultur mit Leben gefüllt.
Den ersten Unterpunkt stellt der Data Access (dt. Datenzugang) dar. Daten müssen zugänglich gemacht werden und nachvollziehbar sein. Auch organisatorische Regelungen im Hinblick auf den Datenzugriff müssen beachtet werden und die nötigen Kompetenzen für den Zugriff und die Nutzung vorhanden sein (s.u. Data Literacy).
Dabei ist vor allem der Data-Discovery-Prozess von entscheidender Bedeutung. Denn es braucht ein neues Rollenverständnis. Es liegt von nun an in der Verantwortung des Datenerzeugers, leicht verständliche Beschreibungen (Metadaten) für jeden im Unternehmen bereitzustellen, z.B. in Datenkatalogen (Data Catalogs).
Bei der Data Communication geht es nicht nur darum, implizite Leitlinien für das Einholen von Daten festzulegen. Es muss auch kommuniziert werden, wie diese Daten genutzt werden können. Eine strukturierte und durchdachte Kommunikation kann die Akzeptanz und Einhaltung der Datenstrategie erheblich beeinflussen.
Ein erster Punkt besteht zunächst darin, dass Mitarbeiter:innen der Organisation explizit über Datenprojekte und ihre Ziele und Erfolge informiert werden. Das übergeordnete Ziel ist es, die Mitarbeiter:innen dazu zu motivieren, eigene Datenprojekte zu starten.
Finaler Aspekt ist die Data Literacy (dt. Datenkompetenz). Ziel von Data Literacy ist Personen und Organisationen dazu zu befähigen, Daten zu ermitteln, zu bewerten, aufzubereiten, zu analysieren und zu visualisieren sowie die dafür notwendigen Methoden und Werkzeuge zu beherrschen.
Auch die Kommunikation auf Basis dieser Daten und die Interpretation von Analyseergebnissen wird durch Data Literacy ermöglicht.
Sie haben noch nicht genug von Data Culture? Hören Sie jetzt den „Data Culture Podcast“ von BARC CEO Carsten Bange!
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.