BI-Frontends im Wandel: Neue Funktionen, alte Lücken

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Der BI-Markt gilt als ausgereift – viele Werkzeuge bieten längst ein breites Funktionsspektrum. Nach Jahren mit eher inkrementellen Neuerungen sorgt der Aufschwung rund um Künstliche Intelligenz nun wieder für Bewegung in der Frontend-Landschaft. Während einige Entwicklungen bereits den Alltag prägen, bleiben andere überraschend unter dem Radar. Dieser Beitrag beleuchtet beides: die Funktionen, die heute schon Realität sind – und die, auf die der Markt noch wartet.

1. Direct Queries – Daten dort auswerten, wo sie entstehen

Etablierte Anbieter wie Qlik, Domo oder ThoughtSpot haben es vorgemacht, und auch spezialisierte Lösungen wie Metabase, Apache Superset oder Sigma Computing folgen demselben Prinzip: Die Daten bleiben, wo sie sind. Statt sie zu extrahieren und zu replizieren, erfolgt der Zugriff direkt auf die Datenquelle – inklusive Visualisierung. Das reduziert Redundanzen, erhöht Konsistenz und stellt sicher, dass Analysen stets auf aktuellen Daten basieren.

Das Konzept ist nicht neu – Looker (Google Cloud Platform) oder Tableau setzten früh auf diese Architektur. Neu ist der Fokus auf Usability für Fachanwender: grafische Oberflächen, intuitive Drag-and-Drop-Bedienung und fein steuerbare Abfragen machen Direct Queries auch für wenig Technik-affine Nutzer zugänglich.

2. Agentic AI & Copilots – intelligente Helfer, aber mit Akzeptanzlücke

Kaum ein Anbieter kommt heute ohne Copilot aus: Microsoft, IBM, AWS oder SAP integrieren KI-Assistenten, die bei der Report-Erstellung, Formeln oder Dateninterpretation unterstützen.

Bemerkenswert ist allerdings die Wahrnehmungslücke: Laut BARC Trend Monitor zählt AI/ML/Advanced Analytics nicht zu den fünf wichtigsten Anwendertrends. Für Anbieter und Service Provider bleibt es dagegen ein Top-Thema. Zwischen Marktangebot und tatsächlicher Nachfrage klafft also weiterhin eine deutliche Lücke.

Parallel entsteht ein Markt spezialisierter KI- und suchbasierter Tools – etwa durch DACH-Start-ups wie Getdotai, OneLake oder Veezoo, die datengetriebene Konversationen und Ad-hoc-Analyse in Unternehmen vereinfachen wollen.

3. Semantik – unterschätzt, aber entscheidend für KI-Reife

Künstliche Intelligenz braucht mehr als Daten – sie braucht Kontext. Semantische Schichten schaffen diesen Kontext, indem sie Begriffe, Strukturen und Beziehungen maschinenlesbar definieren.

Anbieter, die semantische Modelle konsequent nutzen, schaffen die Grundlage für intelligente, konsistente und automatisierbare Analysen – und sichern sich damit einen strategischen Vorsprung. Beispiele finden sich bei Oracleoder Strategy, die schon seit Jahren auf robuste semantische Schichten setzen.

4. Code-Umgebungen – Brücke zwischen Analyst und Data Scientist

Die Grenzen zwischen klassischer BI und Data Science verschwimmen. Immer mehr BI-Frontends integrieren Code-Umgebungen – von Jupyter-Notebooks über Python- und R-Integrationen bis hin zu eigenen ML-Studios.

Das Ziel: explorative Analysen, Modellierung und Visualisierung sollen ohne Toolbruch innerhalb einer Plattform möglich sein, kombiniert mit der Flexibilität individueller Ansätze. Anbieter wie SAS, Zoho Analytics oder GoodData gehen hier voran – mit Vorteilen wie schnelleren Iterationen, weniger Medienbrüchen und einer engeren Zusammenarbeit entlang der Data-&-Analytics-Prozesse.

5. Write-back – von der Analyse zur Aktion

BI-Tools werden zunehmend zu Steuerungsinstrumenten. Write-back-Funktionalitäten ermöglichen es, Daten direkt in analytische oder operative Systeme zurückzuschreiben – ohne den Umweg über andere Anwendungen.

Anbieter wie Strategy, ibi, Microsoft, Qlik oder Pyramid Analytics erweitern so den Einsatzbereich von BI: Analysen werden zum Ausgangspunkt konkreter Aktionen – ein Schritt hin zu echten Closed-Loop-Prozessen.

6. Spreadsheets – Altbewährt, neu gedacht

Das Tabellenblatt erlebt ein Comeback. Lösungen wie Sigma Computing, Pyramid Analytics oder Omni Analytics verbinden die vertraute Spreadsheet-Logik mit der Leistungsfähigkeit von SQL und KI.

Das Ergebnis: Anwender bewegen sich in einer gewohnten Umgebung, profitieren aber von Governance, Performance und Skalierbarkeit moderner BI-Architekturen. Der Spagat zwischen Flexibilität und Kontrolle gelingt zunehmend besser.

Was (noch) fehlt – trotz aller Innovation:

  • Aufwendiges Best-of-Breed: Die Kombination spezialisierter Tools bleibt komplex, da standardisierte Schnittstellen und ein gemeinsamer Metadatenaustausch (z. B. zwischen Visualisierung und Data Catalogs) weitgehend fehlen.
  • Datenprodukte unterrepräsentiert: Obwohl essenziell für Skalierbarkeit und Wiederverwendbarkeit, sind Datenprodukt-Konzepte in BI-Frontends bislang kaum umgesetzt.
  • Fehlendes Agent-Management: Erste Copilots sind verfügbar, doch Mechanismen für deren Steuerung, Governance und Wartung befinden sich noch in Entwicklung.

Fazit: BI wird mächtiger – und anspruchsvoller

Die neuen Funktionen zeigen eindrucksvoll, wie dynamisch sich der BI-Markt aktuell entwickelt. Doch mit jeder Innovation steigen auch die Anforderungen an Integration, Standards und Governance.

Zukunftsfähig sind nicht die Tools mit der längsten Feature-Liste – sondern jene mit einer durchdachten Architektur und KI-Nutzung, offenen Schnittstellen und nahtloser Einbindung ins Daten-Ökosystem.

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