Das Thema Nachhaltigkeit ist mit der Festlegung der Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen (UN) im Jahr 2015 ein zentrales Diskussionsthema in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geworden. Die in der zugehörigen Agenda verankerten Nachhaltigkeitsziele sind untergliedert in ökonomische, ökologische und soziale Aspekte.
Auch für Unternehmen wird ESG (Environment, Social, Governance) ein immer wichtigeres Thema. Künftig müssen sich aufgrund strengerer Regularien auch viele kleinere Unternehmen in Deutschland und der EU der Herausforderung der ESG-Berichtspflicht stellen.
Was ist ESG Reporting?
ESG Reporting ist als Teil der Nachhaltigkeitsberichterstattung ein Prozess, bei dem Unternehmen ihre Leistungen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) messen, bewerten und offenlegen. Die Berichterstattung umfasst Umweltbelange, soziale Aspekte und verantwortungsvolle Unternehmensführung.
Diese Form der Berichterstattung hat in den letzten Jahren nicht nur durch regulatorische Pflichten an Bedeutung gewonnen. Unternehmen achten auch aufgrund der eigenen Reputation und Außendarstellung gegenüber Kunden, Mitarbeitern und Investoren vermehrt darauf, wie sie ihre Geschäfte betreiben und wie diese sich auf die Gesellschaft und Umwelt auswirken.
ESG Reporting soll Transparenz schaffen und Unternehmen zur Rechenschaftspflicht bewegen, um den Stakeholdern Informationen über die Nachhaltigkeit der Geschäftspraktiken zur Verfügung zu stellen. Das Ziel von ESG Reporting besteht darin, eine umfassende Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens zu ermöglichen. Dazu werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, wie zum Beispiel die Auswirkungen des Unternehmens auf die Umwelt, die Art und Weise, wie das Unternehmen mit Mitarbeitenden und anderen Interessensgruppen umgeht, sowie Governance-Aspekte und Compliance-Praktiken.
Das ESG-Reporting lässt sich, wie der Name bereits verrät, in die drei Teilbereiche Environment, Social und Governance untergliedern. Die Komplexität der Berichterstattung wird deutlich, wenn man einen Blick auf die ersten Entwürfe des European Sustainability Reporting Standards (ESRS) wirft. Hier ist von insgesamt 70 datengetrieben und weniger-datengetriebenen Kennzahlen die Rede, die sich den verschiedenen Bereichen zuordnen lassen.
BARC Smart Start Workshop
E: Environmental
32 dieser 70 Key Performance Indikatoren (KPI) sind innerhalb des Bereichs „Environment“ zu verordnen. Die relevanten Umweltthemen lassen sich am Beispiel des ESRS einteilen in
- Klimawandel,
- Umweltverschmutzung,
- Wasser und maritime Ressourcen,
- Biodiversität und Ökosysteme sowie
- Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft.
Hierbei geht es beispielsweise um Schadstoff-Emissionen, den CO2-Fußabdruck des Unternehmens, Abfall- und Wassermanagementpraktiken sowie Bemühungen zur Förderung und Nutzung erneuerbarer Energien. Zentraler Bestandteil des Bereichs „Environment“ ist die Erfassung unternehmensinterner & externer Daten sowie die Berechnung/Schätzung von Performance-Indikatoren mittels datengetriebener Unternehmenskennzahlen.
S: Social
32 KPI sind gemäß ESRS im Bereich Soziales anzusiedeln. Zentrale Fragestellungen sind u. a. die Mitarbeiterzufriedenheit, Gleichberechtigung und gemeinnützige/soziale Unternehmenspraktiken. Thematisch lässt sich der Bereich nach ESRS bspw. untergliedern in
- eigene Arbeitskräfte,
- Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette,
- betroffene Gemeinschaften sowie
- Kunden und Endverbraucher.
G: Governance
Der Bereich Governance widmet sich dem Bereich der verantwortungsvollen Geschäftspraktiken. Es geht hierbei primär um Fragen der Unternehmensführung, wie zum Beispiel die Diversität des Vorstands, Korruptionsbekämpfung und die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften. Das Teilsegment Governance ist am wenigsten von datengetriebenen Kennzahlen geprägt, was sich auch in der Menge der hier identifizierten KPI bestätigt. Der ESRS ordnet dem Bereich lediglich sechs Kennzahlen zu.
Branchenspezifische ausgewählte Key Performance Indikatoren der Bereiche E, S und G ermöglichen in der Folge die Nachhaltigkeitsbewertung des wirtschaftlichen Handelns von Unternehmen und Vergleichbarkeit untereinander. Dieser Bewertungsmaßstab wird auch als ESG Performance bezeichnet.
Markt und Lösungen
Es gibt im ESG-Markt bereits einen intensiven Wettbewerb zwischen Software-Anbietern und viele konkurrierende Lösungen. BARC sieht den dringlichsten Bedarf an Software- und Reportinglösungen im Bereich Environment, da dies der datenintensivste Bereich ist. Eine aktuelle Einordnung des Gesamtmarktes werden wir in einem der kommenden Beiträge dieser Reihe beleuchten). Im Segment „Governance“ gibt es einige bestehende ESG Tools und Plattformen.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Wichtigkeit von ESG Reporting nicht nur aufgrund regulatorischer Pflichten und der angestrebten positiven Außendarstellung von Unternehmen an Bedeutung gewinnt: als wirksames Instrument zur Überwachung und Verbesserung der unternehmerischen Nachhaltigkeitsleistung, kann ESG Reporting das Risikomanagement optimieren und langfristig zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beitragen.
ESG Glossar
Das ESG-Glossar dient der Einführung in die ESG-Thematik, indem es zentrale Begriffe auflistet, und erläutert. Das ESG-Glossar enthält allgemeine und regulatorische Begriffe sowie ESG-Standards.
Allgemeine Begriffe
ESG
ESG ist die Abkürzung für „Environmental, Social, and Governance“ und bezeichnet die drei Hauptbereiche der unternehmerischen Nachhaltigkeitsverantwortung und -berichterstattung. Die Bereiche evaluieren, wie ein Unternehmen ökologische und soziale Faktoren sowie Aspekte der Unternehmensführung in seine Strategie und Tätigkeiten integriert und über diese berichtet.
Environmental
Der Bereich „E“ (Environmental) umfasst alle Aspekte des unternehmerischen Umweltmanagements und beurteilt, inwieweit ein Unternehmen ökologische Kriterien berücksichtigt und nachhaltige Praktiken implementiert. Dies beinhaltet z.B. die Position des Unternehmens in Bezug auf den Klimawandel, seine Ziele und Maßnahmen zur Reduktion von CO2-Emissionen.
Social
Der Bereich „S“ (Social) bezieht sich auf soziale und gesellschaftliche Aspekte der unternehmerischen Tätigkeit und bezieht neben den eigenen Arbeitskräften auch Kunden und Endverbrauch mit ein. Die Bewertung der sozialen Performance eines Unternehmens umfasst Aspekte wie z.B. Mitarbeitergesundheit, Einhaltung von Arbeitsrechten, Sicherheit am Arbeitsplatz und faire Entlohnung.
Governance
Der Bereich „G“ (Governance) bezieht sich auf die Unternehmensführung, einschließlich aller Prozesse und Vorgehensweisen, die für die Leitung und Kontrolle eines Unternehmens notwendig sind. Dieser Teilbereich der ESG-Kriterien bewertet die verantwortungsvolle Unternehmensführung.
CSR
Corporate Social Responsibility (CSR) basiert auf dem Prinzip, dass Unternehmen positive wie auch negative Auswirkungen auf die Gesellschaft und Stakeholder haben. CSR umfasst ökologische, ökonomische und soziale Dimensionen, die sich gegenseitig bedingen und gleichermaßen berücksichtigt werden sollten. Während CSR qualitativ geprägt ist, legt ESG einen stärkeren Fokus auf quantitative Bewertungen und schließt explizit das Kriterium der Corporate Governance ein.
ESG-Ratings
ESG-Ratings werden von spezialisierten Rating-Agenturen erstellt und bewerten die ESG-Konformität und -Performance eines Unternehmens. Sie dienen u.a. dazu, potenzielle ESG-Risiken und -Chancen für Unternehmen und Investoren zu identifizieren, um diese in Entscheidungsprozesse einfließen lassen zu können.
Doppelte Wesentlichkeit
Der Begriff steht für eine doppelte Perspektive in der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen. Zum einen wird die Inside-Out-Perspektive betrachtet: Hier geht es darum, wie sich die Aktivitäten des Unternehmens auf Umwelt und Gesellschaft auswirken, etwa durch die Emission von Treibhausgasen oder die Einhaltung von Arbeitsrechten. Zum anderen wird die Outside-In-Perspektive betrachtet: Hier wird analysiert, wie Umwelt- und Gesellschaftsfaktoren das Unternehmen beeinflussen können, zum Beispiel durch klimabedingte Risiken, Gesetzesänderungen oder die öffentliche Meinung. Beide Perspektiven zusammen ergeben ein ganzheitliches Bild der Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens.
Standards, Frameworks & Richtlinien
CSRD
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ist eine Überarbeitung und Erweiterung der Non-Financial Reporting Directive (NFRD). Durch die CSRD werden künftig deutlich mehr Unternehmen über ihre Nachhaltigkeitsleistung berichten müssen, als dies unter der NFRD der Fall war. Die CSRD konkretisiert dabei die Anforderungen an die ESG-Berichterstattung und legt Art, Inhalt und Umfang der Berichterstattung weitgehend fest. Die Anwendung erfolgt differenziert nach Unternehmensgröße, Unternehmenstyp und weiteren Faktoren. Die Nachhaltigkeitsberichte müssen sich an den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) orientieren.
DNSH
„Do No Significant Harm“ (DNSH) ist ein Grundsatz, der im Rahmen der EU-Taxonomie für die Bewertung von Unternehmensaktivitäten beachtet werden muss. Er besagt, dass keine Unternehmensaktivität eines der sechs in der EU-Taxonomie festgelegten Umweltziele erheblich beeinträchtigen darf.
EFRAG
Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) unterstützt die Europäische Kommission bei der Überleitung der International Financial Reporting Standards (IFRS) in EU-Standards. Sie bietet technische Beratung und ausgearbeitete Entwürfe für EU-Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung.
ESRS
Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sind EU-Berichtsstandards, die für alle Unternehmen gelten, die von der CSRD betroffen sind. Sie umfassen sektorunabhängige und sektorspezifische Standards und werden von der EFRAG entwickelt und veröffentlicht.
EU-Taxonomie
Die EU-Taxonomie ist ein Klassifizierungssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten. Sie bietet Unternehmen, Investoren und politischen Entscheidungsträgern eine gemeinsame Definition dafür, welche Aktivitäten als ökologisch nachhaltig angesehen werden können. Dies soll unter anderem Sicherheit für Investoren schaffen, Greenwashing verhindern und Unternehmen dabei unterstützen, klimafreundlicher zu werden. Eine wirtschaftliche Aktivität gilt dann als ökologisch nachhaltig, wenn sie einen signifikanten Beitrag zu mindestens einem der sechs Umweltziele leistet und dabei sowohl dem DNSH-Prinzip entspricht als auch bestimmte Mindestanforderungen erfüllt.
GRI
Die Global Reporting Initiative (GRI) ist eine unabhängige Organisation, die weltweit anerkannte Standards für die Berichterstattung über die wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Auswirkungen von Organisationen entwickelt hat.
IASB
Das International Accounting Standards Board (IASB) ist ein unabhängiges Gremium, das für die Entwicklung und Veröffentlichung der International Financial Reporting Standards (IFRS) verantwortlich ist. Diese Standards dienen als Leitlinien für die Finanzberichterstattung und sollen eine konsistente und transparente Darstellung der finanziellen Leistung von Unternehmen weltweit sicherstellen. Das IASB ist eine Organisation der IFRS Foundation.
IFRS
Die International Financial Reporting Standards (IFRS) sind internationale Rechnungslegungsstandards, die von der IFRS Foundation entwickelt wurden. Sie sollen leicht umsetzbar, durchsetzbar und weltweit anerkannt sein. Bei der Entwicklung der Standards sind die beiden Gremien IASB und ISSB beteiligt.
ISSB
Das International Sustainability Standards Board (ISSB) ist ein der IFRS Foundation angehöriges Gremium, das die IFRS-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (IFRS Sustainability Disclosure Standards) entwickelt.
LkSG
Das ab 2023 geltende deutsche Lieferkettensorgepflichtengesetz zielt darauf ab, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen entlang der Lieferkette zu minimieren. Die Europäische Kommission hat zudem bereits ein EU-Lieferkettengesetz vorgelegt, das deutlich über die Vorgaben des LkSG hinausgeht.
NFRD
Mit der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) wurden die Anforderungen an die jährliche Finanzberichterstattung großer Unternehmen um die Offenlegung nichtfinanzieller Informationen erweitert. Die NFRD wird in Zukunft zunehmend durch die CSRD ersetzt werden.
SASB
Das Sustainability Accounting Standards Board (SASB) erstellt branchenspezifische Rechnungslegungsstandards. Die Standards ermöglichen es Unternehmen, finanzrelevante Nachhaltigkeitsdaten zu erfassen, zu verwalten und zu kommunizieren.
SFDR
Die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) zielen auf eine erhöhte Transparenz von Finanzinstituten und Marktteilnehmern in Bezug auf Nachhaltigkeit ab. Sie fördert nachhaltige Anlageoptionen und verlangt die Kennzeichnung aller in Europa vertriebenen Investmentfonds.
TCFD
Die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) wurde gegründet, um die Berichterstattung über klimabezogene Finanzinformationen zu verbessern und zu erweitern. Sie gibt Empfehlungen darüber, welche Informationen Unternehmen offenlegen sollten. Die Berichtsstruktur der TCFD dient vielen anderen Standards, wie zum Beispiel den ESRS, als Orientierung.